Kurzbericht …

19. August 2005 at 08:33

… von der Jungle-World-Veranstaltung zur Linkspartei gestern in Leipzig

Auf dem Podium:

* 1 Moderator

* 1 Rainer Trampert, der solche netten Verschwörungstheorien brachte, wie dass die Linkspartei ein Projekt des Kapitals sei, um Unzufriedenheit (vorsorglich) einzubinden und dabei übersah, dass diese dann schon ganz schön staatsfixiert und nationalistisch daherkommen muss, um das Wählen einer Partei als ihr Mittel zu begreifen. In seinem enttäuschten Staatsidealismus schob er es darauf, dass Deutschland Weltmacht Nr.3 ist, dass progressive[?] Vorschläge dem Finanzierungsdruck ausgesetzt und so ihrer Progressivität beraubt werden, statt zu begreifen, dass ein funktionierender Staat, etwas finanziert bekommt, wenn er es denn will, dass das dann aber aus seinem Interesse geschieht, und nicht, weil er den Menschen ein schöneres Leben verschaffen will. Klar, dass bei einem solchen Ausfall von Staats- und Nationalismuskritik auch keine korrekte Erklärung von Rassismus und Antisemitismus, welche nationalistische Bewertungen der „anderen“ für den Staatszweck sind, zustande kommen kann, sondern stattdessen auf einen psychologisierenden Hokuspokus zurückgegriffen werden muss, dass die Menschen durch Lohnarbeit „verdinglicht“ und somit ihres Lebens entzogen würden (und das soll die Kritik an ihr sein … dass die nicht zur Selbstverwirklichung taugt?), weshalb sie dann neidisch auch das Leben hassen würden, wo sie es vermuten (bei den Schwarzen naturbelassen, bei den Juden als Ausschweifung).

* 1 Katja Kipping (Linkspartei), die so tat, als wäre man sich im Grunde inhaltlich einig („wir“ sind ja alle irgendwie links … was ihr allerdings von den anderen Podiumsteilnehmern auch höchstens partiell bestritten wurde) und sich daher auch nicht auf eine Diskussion der Inhalte einließ, sondern lediglich auf dem Erfolgsargument beharrte, dass man über die Partei der linken Sache mehr dienen könne (Medienpräsenz, Ressourcen und Informationen) als mit einer radikalen Bewegung, auch wenn sie diese als Korrektiv der Partei schätzen würde. Daher wäre es auch wichtig, dass sich Linke in die Partei einbringen, damit diese nicht nach rechts abdriftet. Als wäre es das gleiche, den Staat auf links voranbringen und ihn abschaffen zu wollen, weil er eine kapitalistische Ökonomie samt ihren ganzen Schädigungen einrichtet, aufrecht erhält und betreut und weil er die Leute auch anderweitig für sein Vorankommen in der Staatenkonkurrenz herannimmt (z.B. Armee). Derlei Einwände umging sie präventiv, indem sie darauf beharrte, dass linke Staatsreformprogramme zu einer „Transformation“ des Kapitalismus in eine emanzipatorische Gesellschaft führen würden (ohne das mal auszuführen und zu begründen), was m.E. aber höchstens zeigt, dass ihre Vorstellung einer „emanzipatorischen Gesellschaft“ sich nicht groß von der jetzigen unterscheidet, wenn sie da mit einem anderen Programm für den bürgerlichen Staat hinwill.

* 1 Wertkritiker, dessen Gruppe den offenen Brief an die Linkspartei unterzeichnet hatte und der meinte, sie würden (das jüngst Gericht … ähm … die „finale Krise“ ist bekanntlich nahe) sie würden jede Bewegung unterstützen, die nicht antisemitisch, rassistisch, völkisch etc. wäre, auch wenn sie gar keine inhaltliche Einigkeit mit ihnen hätten, zum einen um ihre eigenen materiellen Verhältnisse zu verbessern und zum anderen auch wegen der ominösen „Transformation“. Auf dieser Basis laufe auch die Unterstützung der Linkspartei, die, auch wenn klar sei, dass man in der „finalen Krise“ im Parlament sowieso nichts erreichen könne, dort für ein schöneres Leben sorgen könnten (logischer Unsinn? Ach i wo, in der Linken nennt sich das Dialektik :-(). Was daran ein schöneres Leben sein soll, auf links fürs Staatsprogramm herangenommen zu werden, blieb selbstverständlich ebenfalls offen. Wäre es nicht so traurig, wäre es fast schon amüsant, dass einer seiner Hauptkritikpunkte am offenen Brief an die Linkspartei war, dass dieser keine Solidarität mit Israel einfordert … na dann!

* 1 softcoreantideutscher Antifa, der sich darauf beschränkte, Überschneidungen von Linkspartei und NPD aufzuzeigen und dabei nicht etwa darauf kam, dass es doch logisch ist, dass Parteien, welche sich allesamt um die Führung des Staates bewerben, um den voranzubringen, auch inhaltliche Übereinstimmungen haben, sondern sich lediglich über die Art des geteilten Nationalismus aufregte. Das gipfelte in der Aussage, dass die Linkspartei doch „einen Rassisten wie Lafontaine und einen Nationalisten wie Gysi“ hochkantig rausschmeißen sollte – als würde das am notwendigen Nationalismus einer Partei etwas ändern. Wollte man da alle Nationalisten (also alle, die sich um das Wohl des Staates Gedanken machen) rausschmeißen, bliebe von einer Partei wohl niemand übrig, schließlich organisieren sie sich ja gerade in einer Partei, um mit dieser ihr Staatsprogramm durchzusetzen.

Im Publikum:

* Zwischen 70 und 100 Leuten (konnte ich wegen des komischen verwinkelten Raums nicht genau sehen), unter ihnen

* 1 MPunkt, der wohl im toten Winkel des Moderators saß und deswegen seine Anmerkungen nicht dort machen konnte, der darüber aber auch nicht sonderlich böse war, weil man die Beiträge aus dem Publikum wegen der miesen Raumakkustik ohnehin kaum verstand und weil vorher schon brauchbare Beiträge vom Podium teils abgebürstet, teils zerlabert wurden.

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Die Staatsfixiertheit der Linken GSP zum Antisemitismus (des NS)

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  • 1. Dorsch  |  19. August 2005 um 11:58

    ich glaub, die PDS/Linkspartei Tante heißt Kipping. übrigens klingt die veranstaltung genau so blöd, wie in Berlin: Trampert (mit dem gleichen scheiß), Ivo Bozic (die linkspartei durch die antifa-brille geschaut wie der vom BGR) und eine von FELS (auch so unterwegs wie der Wertkritiker) haben auf einen Typen von der Partei eingedroschen, der meinte, der Keynesianismus wäre eine Methode zur Transformation des Kapitalismus in einen nicht-Kapitalismus. Da war der Trampert noch der schlauste an der Stelle zumindest, weil er mal klargestellt hat, dass der Keynesianismus ein Verbesserungsvorschlag für den Erhalt dessen ist.

  • 2. bsch  |  19. August 2005 um 12:14

    Wieso brauchst du für die Bemerkung, dass es sich bei niemandem auf dem Podium um Karl Held handelte, eigentlich so viele Zeilen? Das stand doch schon in der Ankündigung.

  • 3. Lincoln  |  19. August 2005 um 13:00

    @ bsch
    Ist dir langweilig?
    Ausserdem: Eigentlich wolltest du doch nur eine Botschaft unbedingt los werden „Scheiss MGler!“ Na, dann sag das doch … 😛

  • 4. mpunkt  |  19. August 2005 um 13:20

    @ Dorsch: Danke für den Bericht aus Berlin und die Korrektur, ich werde das gleich noch editieren.

    @ bsch: Warum ich dafür so viele Sätze brauche? Weil ich auch die Fehler der Diskutanten, die ein Karl Held niemals machen würde, aufzeigen wollte … 😉

  • 5. mpunkt  |  19. August 2005 um 13:38

    Was Katja Kipping unter „Transformation“ versteht, kann man wohl erahnen, wenn man sich die im Downloadbereich verlinkten Plakate der PDS anschaut, v.a. dieses: „Lohnarbeit ja, Billigjobs nein“.

  • 6. Dorsch  |  19. August 2005 um 15:42

    Hehe, das Plakat hab ich in Berlin auch schon gesehen…damit ist doch alles gesagt: Ausbeutung gerne, nur nach unseren Maßstäben! 🙂

  • 7. Richard  |  20. August 2005 um 00:04

    Das Plakat hatte ich noch gar nicht gesehen. Ist ja schon mal krass, dass denen angesichts solch eigentlich lauer Versprechen wie „richtige Ausbeutung statt Arbeitsdienst“ auch noch Populismus vorgeworfen wird.

  • 8. ascetonym  |  21. August 2005 um 08:19

    Die Mitschnitte der Veranstaltungen in Berlin und Leipzig gibt es mittlerweile hier zu hören.

  • 9. Nick Nemo  |  26. August 2005 um 09:33

    Eine Veranstaltung zu den kommenden Wahlen gibt es am 15.09. in Berlin. Thema: Wahl oder Neuwahl: Die politische Klasse stellt dem Volk die Machtfrage. Referentin: Margaret Wirth.


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